Das Land Nordrhein-Westfalen will in diesem Jahr sieben Millionen Euro für den Weiterbau des Autobahnanschlusses zwischen Frechen-Königsdorf und Kerpen-Horrem mit der Anbindung an die Aachener Straße (L361) zur Verfügung stellen.

Kritik von der grünen Landtagsfraktion…

Dieses Projekt wird von der grünen Landtagsfraktion NRW kritisch gesehen. Dazu Arndt Klocke, Verkehrspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion: „Der anhaltend massive Ausbau der Straßeninfrastruktur wird nicht nur durch die Klimaschutzproblematik, sondern auch unter den Aspekten von Raumknappheit, Versiegelung von Freiflächen und Verlärmung von immer mehr Menschen als aus der Zeit gefallen betrachtet. Aspekte der Nachhaltigkeit und einer klimafreundlichen Mobilität wurden zum Beispiel im Verfahren um den Bundesverkehrswegeplan kaum berücksichtigt. Daher fordern wir, dass alle Vorhaben, die zu einem weiteren Aus- und Neubau der Straßeninfrastruktur in NRW führen, auf Notwendigkeit und Nachhaltigkeit überprüft werden.“

…sowie Kritik von der Frechener Ratsfraktion

Auch Miriam Erbacher, Vorsitzende des Frechener Verkehrs- und Umweltausschusses und Sprecherin der Ratsfraktion, betrachtet die alten Ausbaupläne als längst überholt: „Der geplante Autobahnanschluss wird zusätzlichen Autoverkehr erzeugen, wie nachweislich auch die neue Ortsumgehung von Frechen-Buschbell. Wir wollen weg von diesem zwanghaften Kreislauf.“

Halbierung des Autoverkehrs bis 2035

Erbacher weiter: „Der Ausbau der Autobahnanschluss Frechen-Königsdorf wurde vor vielen Jahren geplant. Damals wurde dem Klimawandel nur wenig Beachtung geschenkt. Das hat sich jedoch in den letzten Jahren deutlich geändert und deshalb fordern wir, dass diese autoorientierte Verkehrspolitik auf den Prüfstand kommt.“

Das zeigt nach Meinung der Grünen auch die neueste Studie des Wuppertal Instituts für Klima und Umwelt, der zufolge Deutschland die Einhaltung des im Pariser Klimaabkommen vereinbarten 1,5-Grad-Ziels weit verfehlen wird. Laut Wuppertal Institut müsse der Autoverkehr bis 2035 halbiert werden.“

Ortsdurchfahrt Königsdorf könnte schnell und preiswert entlastet werden

Erbacher tritt auch der häufig geäußerten Behauptung entgegen, dass nur der Bau dieses Autobahnanschlusses die Situation auf der Aachener Straße entlasten könne: „Man könnte die Situation sehr schnell verbessern – wenn man nur wollte. Durch eine sogenannte Stau-sensitive Pförtnerampel an den Ortseingängen von Königsdorf (siehe beigefügte Grafik). Diese schaltet nur dann auf grün, wenn es keinen Stau in Königsdorf gibt und schaltet sofort wieder auf rot, sobald sich ein Stau abzeichnet. Damit wäre allen Anwohnern geholfen, der Lärm sowie die NOX-Emissionen gingen stark zurück, und es gäbe wieder eine Aufenthaltsqualität auf der Aachener Straße. Darüber hinaus ist diese Maßnahme sofort umsetzbar und bedeutend preiswerter als der aufwändige und landschaftszerstörende Ausbau der Autobahnanschlussstelle. Verbesserungen und Innovationen müssen nicht immer teuer sein. Selbst eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 30 und ein Durchfahrtsverbot für LKWs wäre schon eine spürbare Verbesserung.“

 

Leserbrief von Axel Fell

Die von Miriam Erbacher zurecht angestoßene Diskussion, oder sagen wir besser: die voraussehbaren heftigen Reaktionen der anderen politischen Parteien und von Leserbriefschreibern, die für sich in Anspruch nehmen, im Namen aller zu schreiben, zeigen vor allem Eines:  dass Verkehr immer noch ausschließlich vom Auto her gedacht, mit Autoverkehr gleichgesetzt wird. Dem Auto und seinen vermeintlichen Gesetzmäßigkeiten haben sich alle anderen Verkehrsträger in der Planung und Finanzierung unterzuordnen. Und das in Zeiten des offensichtlichen Klimawandels und seiner lebensbedrohlichen Auswirkungen. Und angesichts der Tatsache, dass in Deutschland ausschließlich der Verkehrssektor nicht zur Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen beiträgt. Die “Mehrheitsverhältnisse” in der aktuellen Diskussion und die Lautstärke der “Dagegen”- Diskutanten lässt nur einen Schluss zu: wir sind der notwendigen Verkehrswende noch kein Schrittchen näher gekommen. Alles bleibt beim Alten, alternative Gestaltungen von Mobilität werden erst gar nicht in Erwägung gezogen.  

Aber noch etwas wird offensichtlich: die Planungsvorhaben, die dem Autoverkehr gerecht werden sollen, entziehen sich jeglicher Kontrolle und Korrektur: sie sind in der Regel so gigantisch und langfristig, dass es nicht möglich erscheint, ohne hohe Abschreibungen auf bereits getätigte Ausgaben und personelle Ressourcen auf ein Vorhaben zu verzichten oder Anpassungen vorzunehmen. So werden, wie kürzlich an der Mosel, Brücken von nirgendwo nach nirgendwo in Betrieb genommen, unnötige Autobahnanschlüsse fertiggestellt, unsinnige Rheinspangen geplant. Die erfolgreichen Unternehmen dieser Welt und in einigen Ländern auch fortschrittliche Verwaltungen planen und agieren agil, in kleinen, umkehrbaren Schritten. Davon sind wir offensichtlich in Deutschland noch meilenweit entfernt. 

Und so wird der Verkehrssektor zum gesellschaftlichen Hemmschuh: wir stecken unendliche Planungsressourcen und Finanzmittel in etwas, was bald der Vergangenheit angehören wird. Der Ausstieg aus dem motorisierten Individualverkehr ist unvermeidlich. Wir brauchen die Ingenieure, das Geld und auch die politischen Visionen, um die Mobilität der Zukunft zu entwerfen und umzusetzen.