Haushaltsrede vom 13. Dezember 2016

Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrte Bürgermeisterin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

 

Bürger, Rat und Verwaltung sind gemeinsam für den Haushalt zuständig. Jeder einzelne Bürger kann durch große und kleine Maßnahmen zur Verbesserung beitragen. Viele Bürge- rinnen und Bürger engagieren sich, weil ihnen die Stadt wichtig ist, weil sie es selbstver- ständlich finden, weil es ihnen Spaß macht. Vieles nehmen wir unbedacht als selbstver- ständlich hin, obwohl es das nicht ist. Als Beispiel hervorheben möchte ich die Arbeit der Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr. Ihr Engagement ist ein besonderes. Einen solchen Einsatz kann ich mir nicht vorstellen, ohne die feste Überzeugung von der Wichtigkeit einer solidarischen Stadtgemeinschaft. Durch jeden Löschzug der freiwilligen Feuerwehr Frechen und Habbelrath spart die Stadt 1,5 Millionen pro Jahr.

 

Der Haushalt enthält Pflichtausgaben und freiwillige Leistungen. Wenn wir uns als Stadt nicht alles leisten können, was wir uns wünschen, dann müssen wir Prioritäten setzen. Da- bei gilt für uns der Aspekt der Nachhaltigkeit als oberstes Prinzip.
Was bedeutet für uns Nachhaltigkeit? Erst einmal möglichst langanhaltende Wirkung. Wenn eine Straße zweimal kurz hintereinander geöffnet werden muss, ist das nicht nachhal- tig. Oder wenn Schultoiletten saniert werden und kurz danach das ganze Gebäude abgeris- sen wird. Deswegen wollen wir gerade große Ausgaben sorgfältig planen. Nachhaltig heißt aber auch: Viele oder alle Bürger profitieren davon direkt und in wesentlichen Bereichen der Daseinsvorsorge. Für verhältnismäßig wenig Geld kann zum Beispiel die Qualität und Si- cherheit der Fuß- und Radwege verbessert werden. Damit machen wir die auch für die Bür- gerinnen und Bürger kostengünstige umweltfreundliche Mobilität attraktiver; besonders nachhaltig ist es, wenn die Lebenschancen von Kindern und Jugendlichen positiv beeinflusst

werden. Frechen tut in diesen Jahren sehr viel für den Ausbau von Kindertagesstätten und

Schulen. Wir wollen auch weiter einen Zuschuss zu den Offenen Ganztagsschulen zahlen.

In diesem Sinne ist nachhaltig, was die Stadtgemeinschaft zusammenhält und unterschiedli- che Startbedingungen ausgleicht.
Im Ganzen betrachtet sind die politischen Entscheidungen und die Haushaltsführung dann nachhaltig, wenn sie dazu beitragen, dass kommende Generationen vergleichbare Chancen und Ressourcen vorfinden, um ihr Leben zu gestalten. Das geht über einen gesunden Haushalt hinaus, zum Zustand der öffentlichen Gebäude, oder allgemein der Infrastruktur, aber auch zum Baumbestand, den noch verfügbaren Freiflächen und intakter Natur.

 

Die uns nachfolgenden Generationen werden durch die Folgen des Klimawandels, durch verbrauchte Ressourcen an Trinkwasser, versiegelten Boden, Verlust von Artenvielfalt etc. stark belastet. Zudem sollen sie länger arbeiten und höhere Rentenbeiträge bezahlen. Dar- um muss die Generationengerechtigkeit bei der Haushaltsentwicklung besondere Beach- tung finden. Mehr Gerechtigkeit gegenüber den uns nachfolgenden Generationen können
wir nur erreichen, indem wir die Schulden zurückfahren und nötige Investitionen in die Infra-

struktur tätigen, statt diese unseren Nachfolgern zu überlassen. Neben der Investition in

eine neue Feuer-und Rettungswache hat der Rat einen Schwerpunkt im Bildungsbereich bei der Erneuerung der Schulgebäude gesetzt. Im Schulbereich müssen wir überproportional viel tun, weil zu lange zu wenig unternommen wurde. Die Johannes-, die Linden- und Burg- schule sind nun in Arbeit. Aber auch die Realschule wartet seit Jahren auf mehr und bessere Schulräume. Das Geld, welches nicht für die Einrichtung der Gesamtschule verwendet wur- de, muss nun für die immer weiter wachsende Realschule verwendet werden. Weitere wich- tige und hohe Investitionen sind für Straßensanierungen und den Tiefbau vorgesehen.

 

Das vergangene Jahr stand für uns vor allem im Zeichen einer neuen Verkehrspolitik: Wir haben mit zahlreichen Verbesserungsvorschlägen auf einen Verkehrsentwicklungsplan hin- gearbeitet, bei dem zum ersten Mal nicht der Autoverkehr, sondern Maßnahmen für den Fuß- und Radverkehr im Vordergrund stehen. Dieser ist nun beschlossen und soll in den
kommenden Jahren nach einer Prioritätenliste abgearbeitet werden. Wir setzen darauf, dass durch die verschiedenen Maßnahmen der öffentliche Raum wieder ruhiger und attraktiver

und die Luft sauberer wird. Davon können nicht nur Rad fahrende Schülerinnen und Schüler profitieren sondern auch alle diejenigen, die mit Rollstuhl, Rollator oder einfach zu Fuß un- terwegs sind.
Der neue Verkehrsentwicklungsplan enthält viele richtungweisende Neuerungen. Besonders hervorheben möchten wir dabei
• die geplante Umgestaltung der Dr.-Tusch-Straße in einen Tempo-20-Bereich: Die Pla- nungen betreffen nicht nur Verbesserungen für den Radverkehr, es soll auch einen Zebra- streifen für querende Fußgänger geben und die Aufenthaltsqualität für wartende ÖPNV-Nut-
zer und die angrenzende Außengastronomie soll verbessert werden.

 

• Weitere Verbesserungen betreffen die Angebotsstreifen für den Radverkehr auf wichtigen Straßen wie der Hubert-Prott-Straße, der Franzstraße, der Franz-Hennes-Straße und der Dürener Straße sowie
• sogenannten Mobilitätsdrehscheiben zur Verknüpfung von Bus und Bahn unter Einbezie- hung von Car- und Bikesharing an den Standorten Frechen Rathaus, Frechen Bahnhof und Frechen Benzelrath. Schon in 2017 soll mit der Umsetzung erster Maßnahmen begonnen werden.

 

Wir Grüne setzen uns auch für die Wirtschaftsförderung der Stadt ein. Mit zusätzlichen

20.000 Euro unterstützen wir neue Ideen für die alte Feuerwache sowie die Einrichtung ei- ner Internetseite für die Wirtschaftsförderung auch in englischer Sprache. So zeigt Frechen Weltoffenheit im Zeitalter der Globalisierung und spricht auch ausländische Investoren an. Frechen hat lange Jahre finanziell stark von der Braunkohle profitiert, es ging uns gut und wir konnten uns einiges leisten, wie z.B. zwei Schwimmbäder. Nun ist die Energiewende im wahrsten Sinne notwendig geworden. Die Bewältigung des Strukturwandels wird uns noch viele Jahre beschäftigen. Wir wollen, dass sich neue Unternehmen ansiedeln, gerne im Be-
reich neuer Technologien, gerne mit vielen Arbeitsplätzen. Dafür sind Gewerbeflächen nötig. Im Verhältnis zu anderen Kommunen im Rhein-Erft-Kreis hat Frechen sogar einen beson- ders großen Anteil an Gewerbeflächen im Stadtgebiet, über die wir nur leider nicht verfügen können. Vielleicht gelingen uns dennoch Lösungen, bei denen wir die Versiegelung weiterer Flächen vermeiden können?

Frechen ist Zuzugsgebiet. Die Entwicklung neuer Wohngebiete muss jedoch schon aus fi- nanziellen Gesichtspunkten genau abgewägt werden. Mit jeder neuen Häuserzeile steigt die Anzahl der Straßenkilometer, der Kanäle, der Strom-, Wasser- und Abwasserleitungen, der Buskilometer, u.s.w.. Die Folgekosten eines stetig gewachsenen Verkehrsnetzes überfor- dern schon heute unseren Haushalt. Zur Wohnraumversorgung setzen wir darum vorrangig auf eine maßvolle Nachverdichtung. Neuer Wohnraum soll vorzugsweise dort entstehen,
wo es einen funktionierenden öffentlichen Nahverkehr und eine Infrastruktur für den tägli-

chen Bedarf bereits gibt. Als Grüne wollen wir das Augenmerk auch auf den Umweltaspekt legen. Gerade am Stadtrand müssen die noch verbliebenen Freiräume erhalten werden, sie sind dort wertvoll für die Naherholung, für die Frischluftversorgung der Stadt und für ihre Kühlung im Hochsommer.

 

Der gerade neu herausgegebene Umweltbericht NRW zeigt überdeutlich, wie der Klima- wandel voranschreitet. Im auslaufenden Jahr konnten wir endlich mit der Einstiegsberatung für den Klimaschutz beginnen und dabei Fördergelder nutzen. Für das kommende Jahr ist die Erarbeitung von Teilkonzepten zum Verkehr und der energetischen Quartiersentwicklung geplant. Die gewonnenen Erkenntnisse und Projekte werden sich sicher auch finanziell posi- tiv auf die kommenden Haushalte auswirken. Nicht nur der Haushalt, sondern auch die Stadt soll nachhaltiger werden.
Nachdem der Bestand an Straßenbäumen seit Jahren gesunken ist, weil mehr abgeholzt als nachgepflanzt wurde, haben wir nun für die zwei kommenden Jahre 275.000€ für Nach- pflanzungen eingeplant. Damit tun wir auch unmittelbar viel für die Luft vor Ort.

 

Wir arbeiten gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern und der Verwaltung daran, den Haushalt transparenter zu gestalten. Das Neue Kommunale Finanzmanagement (NKF) ist transparenter als das alte kamerale System, weil auch der Verbrauch von Ressourcen dar- gestellt wird. Nicht nur die Einnahmen und Ausgaben werden dargestellt, sondern z.B. auch der Verschleiß von städtischen Gebäuden und Möbeln. Mein Dank gilt der Verwaltung für die Erarbeitung etlicher zusätzlicher Übersichten zu den freiwilligen Leistungen der Stadt und

von differenzierten Stellungnahmen. Auch im kommenden Jahr wollen wir weiter daran ar- beiten, dass der Haushalt und die Wirksamkeit der Ausgaben besser nachvollziehbar und vergleichbarer werden.

 

Ich möchte mit einem Thema schließen, dass sicher auch mit Geld, aber in erster Linie mit Menschen zu tun hat. Bis zum Jahresende sollen wir von den voraussichtlich 250 000 in Deutschland ankommenden Flüchtlingen nach dem Königssteiner Schlüssel ca. 350 Men- schen aufnehmen. Bisher sind viel weniger bei uns in Frechen angekommen, die Integrati- on bleibt aber weiterhin eine große Herausforderung.
Wir möchten uns bei den Mitarbeitern der Stadt, insbesondere beim Fachdienst 5, bei allen karitativen Organisationen in der Stadt und bei den vielen, vielen ehrenamtlichen Helferin- nen und Helfern dafür bedanken, dass sie diese extreme Ausnahmesituation in überragen- der Weise bewältigt haben.

Frechen, ja, alle Frechener waren vorbildlich. Dafür noch einmal ein ganz großes grünes

Dankeschön.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen stimmt dem Haushalt zu.