Haushaltsrede 10. März 2015 – Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

unsere Koalitionsverhandlungen mit der CDU und der FDP habe ich persönlich als großen Gewinn erlebt. In vielen langen Treffen, oft an Sonntagen und bis spät abends, haben wir viel miteinander geredet, über die großen Linien unserer Politik und über kleine Details. Wir haben dabei oft zusammen gelacht und viele Weihnachtsplätzchen gegessen.
Herausgekommen ist zunächst, dass wir uns kennen und schätzen gelernt haben. Wir haben uns gegenseitig eingelassen auf den jeweils anderen Arbeits- und Kommunikationsstil und haben viel voneinander gelernt.
Herausgekommen ist dann ein Programm, mit dem wir in den nächsten Jahren arbeiten wollen, mit Aufgaben, die abzuarbeiten auch mehrere Jahre benötigt. Wir haben uns viel vorgenommen!
Letzten Endes wollen wir einen anderen Politikstil, der deutlich mehr durch Frauen bestimmt wird, als in früheren Jahren. Kein Basta mehr, wir reden miteinander und finden Kompromisse!

Bei Gesprächen mit den Mitarbeitern der Verwaltung habe ich sehr viel Engagement erlebt. Man kann das auch an den vielen ausführlichen Verwaltungsvorlagen ablesen, die uns mit den nötigen Informationen versorgen. Ich gestehe: Ich möchte immer alles und auf einmal. Ich stelle aber auch fest, dass manches von dem, was wir Grünen lange gefordert haben, nun mehr und mehr auf offene Ohren stößt.

Trotz unserer Koalition mit der CDU und der FDP verstehe ich die Aufgaben der Stadt als gemeinsame Aufgabe aller Fraktionen!

Als wichtigste Rahmenbedingungen unserer gemeinsamen Politik möchte ich herausstellen:
– den fortschreitenden Klimawandel als globale Herausforderung
– und die Alterung der Gesellschaft als nationale Herausforderung
Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass diese Herausforderungen langfristig unser Leben hier in Frechen bestimmen werden!

Die wichtigsten örtlichen Herausforderungen sind darüber hinaus
– ein momentan starkes Bevölkerungswachstum durch Zuwanderung
– die wenig kompakte und damit teure Siedlungsstruktur der Stadt
– der nötige Strukturwandel angesichts des Mangels an freien Flächen für die allgemeine und gewerbliche Entwicklung
– die starken Pendlerverflechtungen mit dem Oberzentrum Köln
– und der hohe Sanierungsbedarf im kommunalen Gebäudebestand.
Wir haben in verschiedenen Bereichen lange von der Substanz gelebt und müssen jetzt umso mehr investieren und neue Lösungen finden.

Ich kann hier nicht alle Punkte unseres Programms ausführen, ich möchte aber drei Lösungsansätze kurz erläutern:

1. Eine Nachhaltige Stadtentwicklung

Viele Frechener Bürger sind hierher gezogen, weil sie „im Grünen“ leben wollen und in der Nähe von Köln. In den letzten Jahren sind immer neue Baugebiete auf der grünen Wiese entstanden. Leider wurde und wird dabei -auch für die zusätzlichen Straßen- viel zu viel wertvoller Boden dauerhaft versiegelt. Wo bleibt das Ideal vom „Leben im Grünen“, wenn wir so weitermachen?
Abgesehen davon: Wer soll das bezahlen? Die Kosten für die zusätzlichen Straßen, Lärmschutzwände, Versorgungsleitungen, Kanäle und Buslinien hat bisher immer die Gemeinschaft getragen. Wie man an diesem Haushalt sieht: Mehr geht nicht. Die kommunalen Haushalte ächzen unter der Zersiedelung. Zersiedelung führt zur stetigen Vergrößerung aller Netze und damit steigenden Unterhaltungsskosten. Wir müssen nicht nur unsere heutigen Kosten berücksichtigen, sondern auch, was morgen von der nächsten Generation getragen werden muss!

Wir können in Frechen umweltfreundlicher und preiswerter bauen und sollten dabei auch die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft stärker beachten: Wir Grüne befürworten zur Schaffung von neuem Wohnraum eine maßvolle Innenverdichtung, das Schließen von Baulücken, dabei auch die Förderung von Sozialem Wohnungsbau und von einer Architektur, die das Miteinander der Generationen und unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen unterstützt.
Wir stellen fest: Seit Jahren bauen wir in den Randgebieten neu, während wir in der Kernstadt von der Substanz leben. Wie können wir es nun schaffen, dass die Innenstadt wieder attraktiver zum Wohnen wird?
Zwei schnelle und preiswerte Maßnahmen wären eine Verkehrsberuhigung im Zentrum zur Lärmminderung und das Nachpflanzen der fehlenden Bäume, damit wir auch in Frechen im Grünen leben können!

Die Innenstadt wird auch attraktiver, wenn wir den Radverkehr stärker fördern. Wir Grüne wollen in Frechen nicht nur einzelne Radwege verbessern, sondern dem gestiegenen Stellenwert des Radfahrens in der Gesellschaft insgesamt Rechnung tragen. Wir sind zuversichtlich, denn nun haben wir Partner zur Verfolgung dieses Ziels gewonnen. Um das Radfahren leichter und sicherer zu machen, brauchen wir ausreichend Verkehrsfläche für Radfahrer auf der Straße und die Bereitschaft aller Verkehrsteilnehmer, aufeinander Rücksicht zu nehmen. Wir freuen uns auch über die besondere Chance auf einen Radschnellweg nach Köln, der den Pendlern den täglichen Weg zur Arbeit kostengünstig und ohne Stau ermöglichen soll, ob mit Rad oder Pedelec.

Uns ist an einem guten ÖPNV-Angebot gelegen, dabei spielt die Linie 7 eine wichtige Rolle. Wir glauben, dass die Weiterfahrt aller Bahnen zwischen Haus Vorst und Frechen von der Bevölkerung besonders gewünscht wird. Wir wollen aber zunächst den Bedarf prüfen lassen, bevor wir diese Fahrten bestellen und auch bezahlen müssen.

Statt der Ausweisung neuer Gewerbegebiete setzen wir auf die innere Entwicklung der bestehenden. Dafür brauchen wir eine gute Zusammenarbeit mit den örtlichen Unternehmern. Wir wollen Existenzgründer fördern und die Ansiedlung von Unternehmen, die weniger flächenintensiv sind und dafür mehr Arbeitsplätze anbieten. Gerade im Umweltbereich gibt es viele innovative Ansätze, die wir uns für Frechen wünschen.

2. Eine solidarische Stadtgesellschaft

Weil die Gesellschaft altert und die Teilhabemöglichkeiten aller Menschen, auch der Menschen mit Handicap, verbessert werden müssen, stehen wir vor einer großen finanziellen Herausforderung, dem barrierefreien Stadtumbau. Dies ist eine Aufgabe für eine ganze Generation. Nicht nur die Zugänge zu Gebäuden, sondern z.B. auch die Verkehrswege und Ampeln müssen ertüchtigt werden. Hier wollen wir mehr tun, als gesetzlich verlangt wird. Wir wollen uns dazu gemeinsam mit allen Beteiligten einen Überblick verschaffen, welche Maßnahmen besonders effektiv und nachhaltig sind.

Es wird oft gesagt, dass die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinandergeht. Was bedeutet das für uns in Frechen? Was können wir dagegen tun? Der wichtigste Schlüssel liegt dabei sicher in der Bildung. In diesem Bereich haben wir in den letzten Jahren schon sehr viel getan und Neues angestoßen. Wir haben die Kindertagesstätten massiv ausgebaut und dabei viel Geld in die Hand genommen. Wir unterstützen damit die sprachliche und soziale Entwicklung und sicher auch die Bewegungserziehung.
Toll finde ich das Engagement der Hauptschule für die Internationale Klasse für diejenigen Kinder und Jugendlichen, die mit zu geringen Sprachkenntnissen zu uns kommen, um gleich am normalen Unterricht teilzunehmen.

Warum haben wir Grüne uns so beharrlich für die Gesamtschule eingesetzt? Wir glauben, dass das Längere gemeinsame Lernen in einer Schule für alle Kinder sehr viel Stress aus dem Familienalltag nehmen kann. Kinder entwickeln sich unterschiedlich schnell. Zu frühe individuelle Selektion kann die Entwicklungschancen einschränken. Den Eltern wird so der Druck genommen, sich sehr früh auf einen bestimmten Bildungsabschlusses für ihre Kinder festlegen zu müssen. Wir setzen nun auf einen reibungslosen Ablauf der Errichtung der Gesamtschule zum nächsten Schuljahr.

Insgesamt sind wir als Stadt auf einem guten Weg, unsere gesamte Schullandschaft den in vielerlei Hinsicht veränderten Bedürfnissen anzupassen und unseren Gebäudebestand zu modernisieren. Wenn wir auch den Haushalt in diesem und in den folgenden Jahren gewaltig belasten, diese Investitionen sind dringend nötig. Darum tragen wir als Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen diesen Haushalt mit!

3. Der Einstieg in den Klimaschutz

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich trete mit einem großen persönlichen Anliegen an Sie heran:

dass wir uns alle gemeinsam auf den Weg machen, um unser Klima in unserer Heimat zu erhalten, denn damit verbunden ist
– der Erhalt unserer kulturellen Traditionen (Schnee an Weihnachten)
– der Erhalt der Artenvielfalt unserer Tier- und Pflanzenwelt (Bienen)
– und auch der Erhalt unserer Kulturlandschaften, die einen wichtigen Teil unserer Identität ausmachen

Hier dürfen wir keine Zeit verlieren! Wenn wir jetzt handeln, dann haben wir eine Chance, dass wir den Klimawandel bei 2°C anhalten können. Bis zu einer Erwärmung um 2°C bleiben die Auswirkungen global beherrschbar und bezahlbar.
Wenn wir länger warten, werden die nötigen Maßnahmen teurer. Umgekehrt können wir durch frühzeitige geeignete Investitionen in der Folge Geld einsparen, z.B. durch Austausch veralteter Heizungsanlagen gegen sparsamere.
Klimaschutz ist aber auch ein soziales Projekt, denn die Regionen, bei denen die stärksten Klimafolgeschäden zu erwarten sind, haben die geringsten Mittel, um ihnen zu begegnen.
Aus all diesen Gründen haben wir in unseren Verhandlungen beschlossen, dass wir mit Hilfe von externen Beratern ein Integriertes Klimaschutzkonzept (IKK) für Frechen erstellen lassen wollen. Hierzu wollen wir uns um Fördergelder aus den bestehenden Programmen bemühen.
Noch in diesem Jahr werden wir mit einer Einstiegsberatung beginnen, um zu erfahren, an welcher Stelle wir schnell und effektiv schädliche Klimagase reduzieren können.
Es reicht aber nicht, Geld in den Haushalt einzustellen. Wirklich erfolgreich können wir erst sein, wenn wir ein „klimafreundliches Frechen“ zu unserem gemeinsamen Projekt machen, wenn alle: Politik, Verwaltung, Frechener Unternehmerinnen und Unternehmer, Bürgerinnen und Bürger an einem Strang ziehen.

Ich wünsche uns allen eine gute Zusammenarbeit, gute Entscheidungen zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger Frechens und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!