Im Rahmen der Migrationsbewegungen der letzten Jahre – insbesondere den zunehmenden gewaltvollen Bedrohungslagen in der Welt geschuldet – sind viele geflüchtete Menschen auch zu uns nach Frechen gekommen.
Aktuell müssen 922 Menschen aus unterschiedlichen Ländern in städtischen Unterkünften untergebracht werden.
213 Menschen können davon in Immobilien auf dem freien Wohnungsmarkt unterkommen.
Zum großen Leidwesen vieler Kinder und Jugendlichen sowie vieler Sportler*innen wohnen aktuell auch noch 67 geflüchtete Menschen in der Gerhard Berger Halle in Königsdorf und 43 geflüchtete Menschen in der Willi-Giesen-Halle in Habbelrath.
Trotz erheblicher Anstrengungen in den vergangenen Jahren – wie beispielsweise dem Ankauf und der aufwendigen Instandsetzung des Motels an der Europaallee und der Anmietung von Räumlichkeiten auf dem Wachtberg – reichen die vorhandenen Kapazitäten nicht aus, um die Turnhallen wieder frei zu bekommen. Insbesondere auch nicht, weil die Stadt Frechen immer gewappnet sein muss, jederzeit noch weitere geflüchtete Menschen unterbringen zu können.
Das Thema der Geflüchtetenunterbringung stellt eines der „Dauerbrenner“ für uns in der Kommunalpolitik dar und wir haben bereits 2021 beantragt:
– dass die Stadtverwaltung sich mit der Frage nach möglichen Flächen für Containerdörfer oder feste Bauten (unter anderem beispielsweise auch durch Pacht von Flächen) befasst und die notwendigen und möglichen bauplanungsrechtlichen Erfordernisse ausarbeitet
– dass die Stadtverwaltung sich mit den unterschiedlichen Anbietern von Holzbauten und Containerdörfern in Verbindung setzt, um zu erfragen, zu welchem Preis und in welcher Anzahl beispielsweise Containerdörfer geliefert werden können.
– dass die Stadtverwaltung, sobald die Kosten möglicher Projekte aufgestellt sind, eruiert, welche Fördermittel im Rahmen des Ausbaus des Wohnraums für Flüchtlinge in Anspruch genommen werden können, beispielsweise bei dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) und künftigen Fördergeldern vom Bund, Land oder anderen Organisationen.
Unterschiedliche Gründe – zum Teil auch für uns nur sehr schwer einsichtig und nachvollziehbar – haben bis heute verhindert, dass es zu einer deutlichen Offensive im Rahmen des Baus von Unterkünften für Geflüchtete gekommen ist. Seinerzeit hat man unseren Antrag als Rat lediglich „zur Kenntnis genommen“.
Das Thema der geflüchteten Unterbringung stellt aber nur in jedem Fall nur eines der Themen dar, die seitens der Verwaltung aktuell bearbeitet werden müssen.
Insbesondere die schulische Infrastruktur befindet sich in einem zum Teil katastrophalen Zustand:
– die Burgschule musste aufgrund ihrer Baufälligkeit von einem auf den anderen Tag geräumt werden und wird jetzt zumindest so weit saniert, das sie wieder genutzt werden kann
– wir brauchen in diesem Sommer eine weitere Grundschule – die Kinder, die jetzt in Ermangelung der noch nicht gebauten „Steinzeugschule“ keinen Grundschulplatz haben, müssen ihre Grundschulzeit in einem Provisorium – der alten Anne-Frank-Schule- starten
– das Gymnasium braucht dringend ab diesem Sommer aufgrund der gestiegenen Schüler*innenzahlen weitere Räume, die nicht bis zum Sommer da sein werden
– die Realschule befindet sich zum Teil ebenfalls in einem desolaten Zustand – seit Jahren werden hier die Kinder in zum Teil schlimmen Räumen unterrichtet
Die städtische Verwaltung ist hier in extremer Weise gefordert und es müssen zum Teil Missstände aktuell von einem Personal ausgebadet werden, das dafür keine Verantwortung trägt, weil es noch gar nicht hier war – als bereits ein entschiedenes und planvolles Einschreiten notwendig gewesen wäre.
Dann lag der Schwerpunkt des politischen Engagements von CDU und SPD in den letzten Jahren auf der Errichtung des Parkhauses in der Innenstadt.
Mit viel Herzblut haben die beiden Parteien dafür gekämpft und personelle und finanzielle Ressourcen werden hierfür in unseren Augen völlig unverantwortlich aktuell gebunden.
Der Parkhausbau läuft – während beispielsweise die Errichtung der Geflüchtetenunterkunft Rosmarweg in Ermangelung einer Projektleitung ruht.
Ein wesentliches anderes Problem ist nämlich, dass in der städtischen Verwaltung im technischen Bereich das notwendige Personal fehlt, um jetzt alle auf der Agenda stehenden Probleme zu lösen.
Dieses Spannungsfeld ist allen Ratsmitgliedern bekannt und wir ringen immer wieder auf ein Neues darum, wie die Prioritäten angesichts der zu bewältigenden Aufgaben gesetzt werden müssen.
Insofern überraschte der Vorstoß der CDU Fraktion am vergangenen Dienstag, als diese in einer Tischvorlage – üblicherweise werden Anträge 14 Tage vor einer Sitzung eingebracht – den Rat aufforderte, folgendes zu beschließen:
1. Die Gerhard Berger Hall soll kurzfristig wieder zugänglich gemacht werden. Hierfür sollen freie Kapazitäten an anderer Stelle genutzt werden.
2. Ebenso soll nach Öffnung der GBH, die Willi Giesen Halle so schnell wie möglich zugänglich gemacht werden.
3. Die Unterbringungsmöglichkeiten in Sybila sollen auch ins Jahr 2026 verlängert werden, um Kapazitäten aufrecht zu erhalten.
4. Die Mängel an Wohneinheiten im Wohnen am Mühlenbach sollen behoben werden
5. Die unbewohnbaren Zimmer der Unterkunft Norkstraße 86 sollen ertüchtigt werden.
Gegen diesen Antrag kann NIEMAND etwas haben. Im Gegenteil. Es ist schlimm, dass ein solcher Antrag überhaupt notwendig ist.
Und so haben wir uns dann auch ausdrücklich dafür stark gemacht, dass über diesen Antrag in der Ratssitzung abgestimmt würde. Völlig unverständlich, warum die SPD eine Vertagung wünschte.
Es gibt KEIN Argument, nicht die Umsetzung jedes einzelnen Punktes sofort zu wollen.
Allerdings beharrte die CDU unter Punkt 1 bei der Räumung auf der Formulierung „kurzfristig“. Die Fraktion Perspektive für Frechen forderte sodann, dass zum neuen Schuljahr die Turnhallen geräumt sein müssten.
SPD und Grüne präferierten die Formulierung „so schnell wie möglich“.
Aus Sicht unserer Fraktion wünschen wir uns sehr, dass die Räumung „kurzfristig“ möglich ist. Wir möchten aber auch keine falschen Versprechungen gegenüber den Bürger*innen machen und wir sehen die massive Überbelastung der Stadtverwaltung.
Wir halten den Antrag der CDU und erst recht die Forderung der Perspektive für reine Schaufensterpolitik mit Blick auf den anstehenden Wahlkampf. Es wäre ein leichtes gewesen, in den letzten Jahren den Bau des Parkhauses hinten an zustellen und die dann freien Kapazitäten für den Bau einer Geflüchtetenunterkunft einzusetzen.
Dieses Thema konnte im Rat jedoch in den letzten Jahren nicht erörtert werden. So sehr galt es dieses vermeintliche Prestigeobjekt von CDU und SPD für 7 Millionen Euro durchzusetzen.
Jetzt ein paar Monate vor der Wahl, Forderungen mit Blick auf die GBH zu stellen, ist wohlfeil – aber nichts als Wahlkampfgeplänkel.
Wir freuen uns sehr für alle, wenn die Turnhallen kurzfristig frei werden und wenn wir die dort aktuell untergebrachten Menschen endlich menschenwürdig unterbringen können. Aber wir halten alleine die Formulierung „so schnell wie möglich“ für seriös.Dies der Grund für unser Abstimmungsverhalten.
Und in dieser Haltung haben wir an die Bürgermeisterin folgende Anfrage verschickt:
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
in der gestrigen Ratssitzung hat Frau van Cleef aufgeführt, dass eine der vorhandenen Projektleitungen in Ihrem Team unter anderem mit der Projektleitung des Parkhausbaus betreut ist.
In Anbetracht des massiven Handlungsdrucks im Bereich der Geflüchtetenunterbringung und der schulischen Infrastruktur bei dramatischem Personalmangel in Ihren technischen Abteilungen erscheint es tatsächlich wichtiger denn je, dass Prioritäten gesetzt werden.
Zumindest auf uns wirkt es – mal wieder – noch unverständlicher, dass in dieser Situation im Jahr 2025 Personal im Rahmen eines Parkhausbaus gebunden wird. Vor diesem Hintergrund wären wir Ihnen sehr verbunden, wenn Sie uns darlegten, mit welchem zeitlichen Kontingent pro Woche die Projektleitung Parkhausbau verbunden ist und mit welchem zeitlichen Kontingent Sie pro Woche beispielsweise die umgehende Beseitigung der Mängel „Wohnen am Mühlenbach“ oder Ertüchtigung der Unterkunft Norkstraße 86 veranschlagen. Wir danken Ihnen für Ihre Bemühungen. Tatsächlich sehen wir die großen täglichen Herausforderungen für Sie als Verwaltung.
Wie Sie jedoch wissen, haben wir die Entscheidung, in der heutigen Zeit Energie und Zeit 2025 in den Bau eines Parkhauses zu stecken, nie verstanden und es wirkt auf uns heute noch einmal mehr abstrus, dass eines der Projekte, das in unserer Stadt voranschreitet, der Parkhausneubau ist, während geflüchtete Menschen in Turnhallen untergebracht werden müssen. Letzteres ist eine politische Entscheidung, für deren erneute Diskussion wir aber Ihre Informationen benötigen.