(Es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrter Verwaltungsvorstand,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Bürgerinnen und Bürger,
Zunächst einmal möchte ich mich herzlich bei der Verwaltung für die geleistete Arbeit im Rahmen der Aufstellung dieses Haushaltes, über den wir heute abstimmen, bedanken.
Die hinter diesem Werk stehende Arbeit und Sorgfalt sind klar zu erkennen.
Gleichwohl sind wir in unserer Fraktion nach intensivem Austausch zu dem Ergebnis gekommen, dass wir den Haushalt ablehnen werden, und ich möchte Ihnen im Folgenden kurz unsere Gründe für diese Entscheidung darlegen.
Ganz plakativ zusammengefasst, fehlt es uns in diesem Haushalt an politischen Visionen für die Stadt Frechen, und es wird Sie alle nicht verwundern: eine wesentliche Leerstelle ist dabei für uns das Bekenntnis zum „Klimaschutz“.
Ich denke, dass es für uns alle klar ist, dass wir in Bezug auf den Klimawandel mit dem Rücken zur Wand stehen und dringlicher Handlungsbedarf besteht. Wir alle stellen uns unterschiedlich zu dieser Erkenntnis. Auf dem gesamten politischen Parkett dieser Welt ist das so. Warum sollte es also in unserem Mikrokosmos Frechen anders sein.
Natürlich wissen auch wir, dass Frechen nur einen geringen Einfluss auf das Weltklima hat.
Aber es steht außer Frage, dass wir zum einen auf der lokalen Ebene sehr viel gegen die Überhitzung der Städte tun können, und dass zum anderen die Lage so dramatisch ist, dass wir alle zum Handeln aufgefordert sind.
Und so hat uns bei der Haushaltsaufstellung schon bestürzt, welcher Stellenwert dem Klimaschutz sowohl seitens der Verwaltung als auch in der politischen Auseinandersetzung eingeräumt wurde.
Die Wörter „Klima“ und „Klimaschutz“ fallen im Haushaltsentwurf unter der Rubrik „Lage und Ausblick“ nicht ein einziges Mal.
Um uns herum nehmen in ganz NRW Kommunen an nationalen und internationalen Programmen teil, wie der Initiative der EU Kommission zur Erlangung der Klimaneutralität bis 2030.
Nach Auskunft der Energie Agentur NRW haben 122 Kommunen in NRW konkrete Klimaschutzkonzepte aufgelegt. 196 Kommunen und 22 Kreise bilanzieren ihre CO2 -Emissionen.
Es gibt auch bei uns erste zaghafte Versuche. Ein ernsthaftes Bekenntnis ist für Frechen aktuell aber noch nicht einmal in der Diskussion.
Mit unseren Vorschlägen für aktiven Klimaschutz wie der Forderung nach einer verstärkten Baumersatzpflanzung oder dem Einrichten einer Stelle für die bauordnungsrechtliche Kontrolle, um unrechtmäßigen Flächenversiegelungen nachzugehen, sind wir leider nicht durchgedrungen.
Außerdem wäre uns wichtig gewesen, dass sich auf dem Wachtberg die KVB hätte ansiedeln können.
Abgesehen davon, dass wir damit beabsichtigt haben, den Strukturwandel zu befördern, hätten wir gerne dem Öffentlichen Personennahverkehr die benötigte Fläche gegeben, um damit auch langfristig dessen Angebot zu vergrößern, wie beispielsweise durch den notwendigen Ausbau der Linie 7.
Auch hier sind wir nicht durchgedrungen – obwohl gleichzeitig eine andere Idee für die Gestaltung des Wachtbergs fehlt.
Und dann macht uns die Tatsache immer noch fassungslos, dass gleichzeitig eines der am klarst konkretisierten Planungsziele, die größte Einzelinvestition der Stadt Frechen im Jahr 2023 ein Parkhaus ist.
In so vielen anderen Städten drängt man inzwischen erfolgreich – und im Übrigen auch parteibuchübergreifend – die Autos immer weiter aus den Innenstädten und schafft Orte der Begegnung und Lebensqualität.
Viele Bürger*innen und insbesondere die Jugend sehen die Notwendigkeit einer Verkehrs- und Klimawende.
Und wir können da einfach nicht akzeptieren oder unser OK geben, 2023 noch einmal in ein Parkhaus zu investieren – dessen Gesamtkosten ja im übrigen auch noch nicht bekannt sind.
4,9 Millionen werden für 2023 veranschlagt. 2024 werden alleine weitere 2,7 Millionen angesetzt.
Das sind ein Gutteil der Kosten einer gesamten Schule.
Womit ich zu einem anderen Thema komme: der Schulpolitik.
Auch zu diesem brennenden Thema fehlt uns in Frechen eine klare Vision in unserer gemeinsamen Politik.
In unserem Bildungssystem brennt es nachweislich an allen Ecken und Enden.
Schon heute wissen wir – die demographischen Zahlen sprechen für sich – dass die wachsende Zahl der Schüler*innen und Kindergartenkinder das System – allein in Frechen – bereits in naher Zukunft wird implodieren lassen.
Gleichzeitig haben wir immer noch keinen Plan, wann und wo die nächste Grundschule gebaut wird und wie die neue weiterführende Schule konkrete Gestalt annehmen kann.
Gleiches gilt für die Unterbringung der geflüchteten Menschen. Welche Vision haben wir hier? Wie soll das weiter gehen? Wie stellen wir uns die Erstunterbringung vor? Welche Ziele haben wir in Bezug auf die Integration der Menschen?
Die von uns geforderten Mittel wurden im Haushalt nicht berücksichtigt.
Die Flüchtlingszahlen werden nicht abreißen. Zu große und zu viele Krisen zwingen die Menschen in anderen Erdteilen, ihre Heimat zu verlassen und allen Widrigkeiten und Risiken zum Trotz, hier bei uns die Chance auf ein Leben in Sicherheit zu finden.
Und es ist für uns weder eine kurz- noch eine langfristige Lösung, dass die Flüchtlinge hier bei uns in den Turnhallen untergebracht werden.
Auch die Unterbringung in Sybilla ist und kann bestenfalls eine Zwischenlösung sein. Nicht zuletzt sind die Menschen dort fernab von allem gesellschaftlichen Leben untergebracht. Eine Integration in unsere Gesellschaft, Sprache und Kultur erscheint dadurch ausgeschlossen.
Wir sehen wohl, dass durch die Bildung eines Arbeitskreises Flüchtlinge die Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten intensiviert wurde.
Aber wir haben trotzdem die Befürchtung, dass wir auch hier schneller und effizienter werden müssen, damit sehr zeitnah eine nachhaltige Lösung gefunden werden kann.
Auch das hat für uns eine viel höhere Priorität als ein Parkhaus.
Und wir sind hier eben der Meinung, dass wir diese Themen erst abschließend diskutieren müssen und andere Schwerpunkte setzen müssen, bevor wir einen Haushalt verabschieden.
Wir sind Ende des letzten Jahres – und damit will ich dann auch zum Ende kommen – aus verschiedenen Gründen aus der Koalition ausgetreten.
Einer der Gründe war der Wunsch nach mehr Freiheit im Abstimmungsverhalten.
Wir haben uns dadurch erhofft, dass wir alle gemeinsam – parteibuchübergreifend – an der Sache orientiert in einen konstruktiven Austausch finden.
Wir verbinden mit dieser Entscheidung weiter die Hoffnung, dass wir ungezwungener und ergebnisoffener miteinander ringen können, und wir würden uns sehr freuen, wenn Sie alle in dieser Entscheidung ein Angebot an Sie alle sähen – und wir vielleicht schon bald konstruktiv und gemeinsam Visionen für Frechen – insbesondere für den Bereich Klima, Schule und die Flüchtlingsunterbringung entwickeln könnten.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Uta Spork